125 Jahre TV Kettwig - Teil |

TV Kettwig v. d. Brücke 1886 e.V.

Die Geschichte eines Vereins

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Brückenschlag

125 Jahre sind für die Historie unseres Vereins eine lange Zeit. Vergleichbar einer schier endlosen Geschichte, die in grauer Vorzeit begann, bis in die Gegenwart reicht und in der Zukunft fortgeschrieben werden soll. Die letzte Festschrift rührt aus dem Jahre 1986, als unser Verein 100 Jahre alt wurde. Dieses Jubiläum ist der Anlass, sie wieder ein Stück weiterzuschreiben. Für alle diejenigen, die nicht so intensiv mit der Geschichte unseres Vereins vertraut sind, sei vorangestellt, daß der TV Kettwig vor der Brücke 1886 gegründet und 1950 wieder gegründet worden ist.
Die besonderen Umstände der deutschen Geschichte haben zu dieser außergewöhnlichen Entwicklung geführt.

Am 29. Mai 1886 fanden sich turnfreudige Männer aus der Bürgermeisterei Mintard und den dazugehörigen Ortsteilen Kettwig vor der Brücke und Laupendahl zur Gründung eines Turnvereins zusammen.Gründungsstätte war die „Gaststätte Ruthmann." später „Bergischer Hof". Es wurde ein provisorischer Vorstand gewählt:
Die notwendigen Statuten wurden verlesen und für gut befunden. Der Mitgliedspreis wurde auf 50 Pfennig pro Monat festgelegt.

Der Verein erhielt den Namen: Turnverein Kettwig vor der Brücke

Zwei Monate lag eine Liste zum Einzeichnen aus, in der sich bis zur ersten Hauptversammlung Juni 1886 51 Mitglieder eingezeichnet hatten.
Die Arbeit des Vereins begann verheißungsvoll. Siege an Siegerliste reihten sich bald aneinander, die der Verein bzw. seine Mitglieder auf den Turnfesten, die sie mit Eifer besuchten, erringen konnten.

„Turnen auf der Kegelbahn“
Dabei waren die Voraussetzungen alles andere als gut. Geturnt wurde auf der Kegelbahn und in dem daran schließenden Holzlager. Im Mai 1887 konnte sich der erste Turngenosse beim Heiligenhauser Turnverein sich mit dem 2. Platz und einem Ehrenkranz in die Siegerliste eintragen. Bis zum Jahre 1889 konnten über 100 Siege und Ehrenreise errungen werden. Aus der langen Reihe der turnerischen Erfolge seien an dieser Stelle besonders genannt:

„Auf dem internationalen Turnfest 1890 in Jülich konnten die „Brücker Turner" sich gegen eine große Zahl von Spitzenturnern durchsetzen. Die jeweils ersten Plätze am Reck und an den Ringen sowie der 2. Platz am Barren gingen nach „vor der Brücke“ . Im Juli 1894, beim Stiftungsfest des Turnvereins Heiligenhaus, errang die aus 40 Mitgliedern bestehend Mannschaft des Turn-Verein einen prachtvollen Fahnenpreis für mustergültige Haltung im Festzug. Dieser Preis wurde bei einer Konkurrenz von 23 Vereinen errungen.“

„Im „Kühlen Grund" wurde es den Turnern ganz schön heiߓ
1888 wechselte man aus Raumnöten in das Vereinslokal“ Kühlen Grund“. Hier wurden die Turner mittlerweile aufgrund des in Kettwig vor der Brücke beginnenden Bergischen Landes „Bergschener Turner" genannt. Vom Turngeist beseelt, schafften es unsere turnerischen Vorfahren, den Funken Jahn'scher Gedanken auch auf andere überspringen zu lassen. Neben dem vielseitigen Turnen sorgten gemeinsame Ausflüge, Wanderungen, Versammlungen und gesellige Veranstaltungen für ein lebendiges und gedeihliches Vereinsleben.

Theatergruppe 1898
Die Theatergruppe um 1898

„Stiftungsfeste - gesellschaftliche Höhepunkte in der Gründerzeit“
Höhepunkte des Vereinslebens der Gründerzeit waren die Stiftungsfeste, die immer eine große Zahl von Turngästen in vor der Brücke vereinten. Einmal waren auch Gäste aus Holland erschienen. Ein großer Festzug unter Beteiligung des Bürgermeisters Esser der Gemeinde Mintard und elf Vereine mit 500 Turnern bewegte sich durch den festlich geschmückten Ortsteil vor der Brücke. Die Musikkapelle wurde vom 57. Infanterie-Regiment aus Wesel gestellt. Den Abschluß dieses glanzvollen Festzuges bildete ein Feuerwerk auf den Höhen an der Ruhr. Das 2. Stiftungsfest 1889 war gleichzeitig mit der Fahnenweihe verbunden. 23 auswärtige Fahnenabordnungen und 600 Turner nahmen gemeinsam mit den anderen „vor der Brücker Vereinen“ und den Einwohnern an der Fahnenweihe teil.
Neben den Stiftungsfesten waren auch die jährlich stattfindenden Abschiedskränzchen - „Verabschiedung der jungen Turner zum Militärdienst“ - und die Silvesterfeiern stark besuchte Festlichkeiten. Die Hauptattraktion hierbei war die Vereinstheatergruppe.
Viel bestaunt wurden auch die Turner beim Stellen von „Lebenden Bildern“, beim Bauen von Pyramiden und bei den Übungen an Leitern und Stühlen. die immer mit großer Exaktheit ausgeführt wurden.

Die enge Verbundenheit der Einwohner mit dem Verein war groß. Trotz einer kleinen Einwohnerzahl (1904: 831 Einw.) gab es etliche Vereine im Ortsteil „vor der Brücke“. Zwei Gesangvereine, der „Kriegerverein" und der „Bürgerschützenverein" und der Turnverein Kettwig vor der Brücke traten oft gemeinsam auf.
Im 1892 wurde eine Jugendabteilung gegründet. Und 1908 trat der TV Kettwig dem Deutsche Turnerbund bei.

Als die Turner „marschierten"
In den nächsten Jahren wuchs und gedieh der Verein. Neben dem Gerätturnen, das im Vordergrund stand, wurde das Marschieren gepflegt, um die jungen Turner für ihren Heeresdienst vorzubereiten. Gepäck- und Distanzmärsche gehörten daher immer wieder zu den ,geübten Pflichten. Das größte Ereignis war hier sicher der Distanzmarsch Kettwig – Mülheim - Duisburg - Kaiserswerth - Düsseldorf- Ratingen – Kettwig über 9 Stunden.

„Das erste Viertel-Jahrhundert wird gefeiert“
Ein weiterer Höhepunkt war das 25. Stiftungsfest im Jahre 1911. Wiederum unter großer Beteiligung der Bevölkerung wurde dieses Fest gefeiert. Am Sonntag ging ein Festzug durch den Ort.

„Faust- und Fußball im Turnverein“
Langsam ging der Verein dazu über, die Ballspiele einzuführen. Faustball und kurzzeitig Fußball wurden gespielt.
Im Jahre 1914 wurde zum ersten Male ein Bezirksfest durchgeführt. Schon damals waren die Platzverhältnisse recht mangelhaft. So daß eine Wiese für die Durchführung des Festes gemietet werden mußte.
Bald aber herrschte ein anderer, unseliger Geist. Wo Waffen sprechen und Verderb herrschen. mußte turnerisches Leben zurückstehen. Wie in fast allen Vereinen kam auch bei uns das sprühende Turnerleben zum Erliegen. Am Ende des unsinnigen Blutvergießens trauerte der Verein um 15 Turnbrüder.

„Neuanfang nach dem ersten Weltkrieg“
Im Jahre 1919 wurde durch eine Jahreshauptversammlung der Turnbetrieb wieder aufgenommen. Den gefallenen Turnbrüdern schuf man ein würdiges Erinnerungsmal mit einer weißen Marmortafel. Aus freiwilligen Spenden der Turner wurden die Mittel hierfür beschafft.

„Emanzipation" trat an
1920 wurde dem Verein eine Frauenriege angegliedert. Sylvester zeigte diese neugegründete Damenriege vor größerem Rahmen bereits ihr hervorragendes Können. Beim Bezirksfest 1921 in Heiligenhaus konnte gute Plätze erzielt werden.
Am Silvesterabend 1921 konnte der Verein auch den Turnbruder Albert Karlmeier begrüßen, der erst wenige Tage vorher aus russischer Gefangenschaft heimgekehrt war. Albert Karlmeier trat 1890 dem Verein bei und war ab1950 bis 1971 1. Vorsitzender.
1921 hielt auch das Faustballspiel erneut Einzug ins Vereinsleben. Im Oktober erhielt der Verein seinen ersten Sportplatz am Bahnhof vor der Brücke.

„Monatsbeitrag 200 Millionen Mark“
Langsam machte sich nun die fortschreitende Teuerung auch für den Verein bemerkbar. 1922 wurde der Monatsbeitrag auf 3,50 Mark festgesetzt. Während der Wintermonate wurde die Vereinstätigkeit mit Rücksicht auf die hohen Saalheizungskosten auf Wanderungen umgestellt.
Die Vereinsbeiträge stiegen inflationsbedingt an. Am 21. März 1923 wurde der Vierteljahresbeitrag auf 100 Mark, am 4. Juli auf 500 Mark festgesetzt. Am 2. November wurde der Höhepunkt der Inflation und der Beiträge erreicht. Für diesen Monat wurde ein Mindestbeitrag für Jugendliche von 14- 17 Jahren von 50 Millionen Mark, für weibliche Mitglieder über 17 Jahre auf 100 Millionen Mark und für männliche Mitglieder über 17 Jahr auf 200 Millionen Mark festgesetzt. Durch die Festsetzung eines Mindestbeitrages war es den Mitgliedern freigestellt, einen höheren Beitrag zu leisten. Die Mitglieder wurden gebeten, davon ausgiebig Gebrauch zu machen. Die Wende kam im Januar 1924. Durch eine Währungsreform wurde die Goldmark eingeführt und der neue Monatsbeitrag betrug 0,30 Goldmark.
Trotzdem ging der Sportbetrieb einigermaßen weiter.
1924 fand Handball als Turnspiel Einzug in den Verein. Schon bald spielte unsere Mannschaften gegen Handballfreunde in den benachbarten Städten und Gemeinden.

„Griechischer Fünfkampf in Kettwig“
1928 fand wieder ein Bezirksfest in, vor der Brücke statt. Hierbei « ein „Griechischer Fünfkampf" ausgeschrieben. In diesem Fünfkampf wurde der Sieger wie folgt ermittelt:
alle Teilnehmer springen weit: die bessere Hälfte stößt Kugel: die acht besten Kugelstoßer laufen 100 Meter; die 4 Besten wiederum werfen Schleuderball und die beiden ersten ringen um den Sieg.

„Bergschen" wird Kettwig“
1929 wurde die Bürgermeisterei Mintard und somit auch Kettwig vor der Brücke in die Stadt Kettwig eingemeindet. Ab nun zählten die „Bergschener" oder „Brücker" als echte Kettwiger. was auch gelegentlich Spannungen mit sich brachte.

„Handball in vor der Brücke“
Wiese konnte gemietet werden. 1920 stand dem Verein dann ein vom Frh. v. Fürstenberg gestellter Platz auf der Rötsch zur Verfügung. Mit viel Eigenleistung wurde der Platz zu einem Sportplatz hergerichtet. 1921 feierte man die Einweihung mit einer Vereinsmeisterschaft. 1924 wurde dieser Platz mit Hilfe der Gemeinde neugestaltet. Idyllisch auf luftiger Höhe gelegen. mit herrlichem Ausblick auf das Ruhrtal bis Mülheim, mit vorschriftsmäßigen Ausmaßen und einer idealen Lauf- und Sprungbahn stellte er wohl einen der schönsten Plätze der weiteren Umgebung dar. Trotzdem schien dieser Platz für spielende Mannschaften und für den Trainingsbetrieb zu weit vom Ort gelegen zu sein, denn Ende 1927 wurde ein weiterer Sportlatz an der Friedrichstraße am Wasserwerk gepachtet.

„Die Halbzeit bringt vorzeitiges Ende“
1936 - die erste Hälfte des Vereinsjahrhunderts war erreicht - sollte unser Verein das vorerst letzte große Jubiläum feiern. Wie in den vielen bisher stattgefundenen Stiftungsfesten nahm die Bevölkerung wiederum regen Anteil. Grün- und Flaggenschmuck in den Straßen und an den Häusern belebten das Bild des Festtages. Dazu ein Sommertag, wie er nicht schöner sein konnte. Das Quecksilber kletterte höher und höher. So war es am Samstag, da man in abendlicher Feierstunde zusammen kam; so war es auch am Sonntag, als ein Festzug durch die Straßen zog, als ein Gartenkonzert die Turnfreunde vereinte und zum Festball aufgespielt wurde.
Der zweite Weltkrieg versetzte dem Verein den schwersten Schlag in seiner Geschichte. Der Betrieb auf dem Turnboden ruhte bald gänzlich und der Zerfall der Handballabteilung war nicht mehr aufzuhalten. Das Vereinslokal „Zum Kühlen Ort", wo sich bis dahin die wenigen zurückgebliebenen Bergschener Turner noch gelegentlich getroffen hatten, wurde geschlossen. Die Menschen belasteten jetzt andere Sorgen. Das Leben wurde bitter. Jeder mußte hart um seine Existenz kämpfen.

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